Loginbox

Hi alle,
in meinem Thread über den Bau meines Kümos ANNEMARIE erwähnte ich bereits, dass ein neues Vorhaben mir schlaflose Nächte bereitet. Es ist ein Frachter des Liberty-Ersatzbauprogramms, der Pioneer von Blohm&Voss. Diese Ersatzschiffbauten wurden ab Mitte der 1960er Jahre notwendig, um die aufgebrauchte, verschlissene und restlos veraltete Tonnage der Kriegs- und Vorkriegszeit, die mittlerweile ans Ende der Rentabilität aber auch ihrer Leistungsfähigkeit kam, zu ersetzen. Weltweit entstand daraufhin bei den Weften ein Wettbewerb um den einfachsten und rationalsten Schiffstyp. Baukosten, Einsatzzweck und Qualität spielten deshalb eine große Rolle. Da zu dieser Zeit der Container noch unbekannt war, benötigten die Schiffe aufgrund der Infrastruktur in den jeweiligen Fahrtgebieten noch ein bordeigenes Geschirr. Der Sieger dieses Wettkampfes kam aus England, gefolgt von den Japanern. In der britischen Metropole Sunderland entstand der SD-14, in Japan die Fortune und Freedom Typen, die zahlenmäßig der deutschen Konkurrenz aus German Liberty, 36L, etc. überlegen waren. Zudem wurden die englischen und japanischen Schiffe ebenfalls in Lizenz in Griechenland, Spanien, Brasilien, etc. gefertigt. Lediglich 2 deutsche Schiffe des Typs 36L entstanden aufgrund eines Deals mit einem norwegischen Reeder in dessen Heimat.

Der Typ Pioneer von Blohm&Voss wirkte optisch bis auf die Rundungen seines Wulstbugs eventuell auch aufgrund seiner ebenen Flächen sehr gewöhnungsbedürftig und futuristsch, was dazu führte, dass er bei einheimischen Reedern kaum Anklang fand. Zudem war der Typ in zu vielen Varianten lieferbar, was der Einfachheit diametral widersprach. Das von der Werft entwickelte "Pioneer-Multicarrier-System" sah die Fertigung der Schiffe nach Norm vor, welches den Bau diverser Schiffstypen (Schwergut- und Stückgutschiffe, Massengutfrachter und Autotransporter) ermöglichen sollte.

Hierzulande wurde der Typ ein absoluter Flop. Nur 5 Schiffe in verschiedenen Ausführungen wurden ausgeliefert. Das Typschiff entstand übrigens bei Flender in Lübeck und wurde zur Endausrüstung nach Hamburg verholt. In Indien hingegen, wo das System in Lizenz gefertigt wurde, war der Typ ein Erfolg. 14 Schiffe entstanden bei der Hindustan Shipyard in Vizagapatnam.

Mein Modell stellt den 20.000 Tonner NORMANNIA dar, der 1968 für die Hamburger Reederei Christan F. Ahrenkiel entstand.


Die Vorbereitung:
Bevor ich mit den Planungen eines Modells beginne, stelle ich Nachforschungen zum Objekt der Begierde an. Durch ein Buchprojekt, was momentan gerade entsteht, lernte ich jemanden kennen, der mir sehr behilflich bei der Beschaffung von Info Material war. Von Gerd bekam ich alles, was die kommenden Bilder zeigen, geschenkt.

Einladung zum Stapellauf am 16/11/1968:

Unter anderem stehen mir sämtliche Prospekte der Werft zum "Pioneer-Multicarrier-System" zur Verfügung. So genau konnte bisher noch keines meiner Modelle recherchiert und dokumentiert werden.

Auch die Presse äusserte sich zu diesem merkwürdigen Schiffstyp!

Bevor ich einen neuen Bauberich starte, möchte ich das Vorbild noch kurz im Bild vorstellen.

Bild 1 zeigt NORMANNIA im Schwimmdock der Bauwerft.

Bild 2 zeigt das Schwesterschiff JAG DEV, welches für die indische Staatsreederei mit anderer Geschirrvariante von Blohm&Voss geliefert wurde.

Die Planung:

Es ist allgemein recht schwer, an Material der Originale heranzukommen. Doch gibt es immer wieder Möglichkeiten, die sich einem völlig unerwartet eröffnen. Damals rekonstruierte ich aus diversen GA-Plänen die Spantenrisse auf Milimeterpapier noch selbst. Durch mein Hobby, den Modellbau, lernte ich jemanden kennen, der diese Arbeit mittels eines CAD Programms in kürzester Zeit übernahm. Anbei möchte ich einige Grafiken von ihm zeigen, die ich selbst so nie hinbekommen hätte. Als Vorlage dienten Ralph, meinem Bekannten, die Originalmaße des Schiffes, sowie diverse Schnittzeichnungen und GA-Pläne. Diese werden als PDF angeliefert, dem Programm entsprechend verkleinert, eingescannt und übertragen. Das Ergebnis gleicht dem Vorbild nahezu 1:1! Den dazugehörigen Spantriss veröffentliche ich hier bewusst nicht .


Falls Interesse besteht, führe ich diesen Thread gerne fort.

Gruß
Arne

hola Nordmark 71
Manchmal fragt man sich, wie um alles in der Welt hat man es fertig gebracht, vor Beginn des Zeitalters der Elektronik gute Schiffe zu bauen ?
Die Antwort liegt wohl auch in der Zahl der Beschäftigten auf einer Werft.